Das sind die wichtigsten Themen auf der Mitgliederversammlung 2025

DOSB-Ziele 2035

Mit den DOSB-Zielen 2035 wird ein wichtiger nächster Schritt in der strategischen Weiterentwicklung des DOSB vollzogen. Selbstkritisch wurde im Zuge der Überprüfung und Reflexion der Strategie 2028 erkannt, dass es bislang an klaren, messbaren Zielen fehlte, um die tatsächliche Wirksamkeit des DOSB und seiner Mitgliedsorganisationen transparent zu erfassen. Die neue Zielstruktur greift diese Lücke auf und schafft mit sechs kompakten, quantifizierten Zielen eine Grundlage für evidenzbasierte Steuerung und nachvollziehbare Fortschrittsmessung. Die Zielstruktur „DOSB-Ziele 2035“ bietet Fokus und Handlungsklarheit – sowohl intern als auch extern – und stärkt damit die strategische Orientierung des DOSB als Dachorganisation des organisierten Sports. Zugleich bleibt das Leitbild des DOSB unverändert bestehen und die Strategie 2028 behält ihre Gültigkeit. Beide werden durch die neue Zielarchitektur präzisiert und auf ihre langfristige Wirksamkeit hin ausgerichtet. Mit der Einführung dieser Zielstruktur bekräftigt der DOSB seine „License to operate“ – seine gesellschaftliche Legitimation als zentrale Stimme des Sports in Deutschland. Durch die Verbindung von Ambition, Messbarkeit und gemeinsamer Verantwortung wird die Grundlage gelegt, um den Sport bis 2035 noch wirksamer, relevanter und zukunftsfähiger zu gestalten.

Entscheidungsweg für die Findung des nationalen Kandidaten im Bewerbungsprozess um die Ausrichtung Olympischer und Paralympischer Spiele

Ganz wichtig: Es wird am Samstag noch nicht über den nationalen Kandidaten abgestimmt. In diesem Jahr geht es um den Entscheidungsweg und die Einsetzung einer Evaluierungskommission. Der DOSB hat hierzu in Zusammenarbeit mit den zuständigen Gremien und dem Bund eine umfangreiche Bewertungsmatrix ausgearbeitet. Diese wurde in diversen Hintergrundgesprächen mit den vier Bewerberregionen, den olympischen Fachverbänden sowie deren Athlet*innenvertretungen und ausgewählten Medien vorgestellt. Nachdem die Bewerber bis zum 4. Juni ihre finalen Konzepte und die Antworten auf einen im Februar 2026 zu verschickenden Fragebogen eingereicht haben, werden diese Einreichungen im Juni/Juli vom DOSB unter Einbindung der olympischen Verbände und Arbeitsgruppen in den fünf Kategorien internationale Wettbewerbsfähigkeit und nationale Akzeptanz, sportfachliche und operative Eignung, Vision und Legacy, Kosten und Finanzierung sowie infrastrukturelle Sonderprojekte (nicht prüfungsrelevant) evaluiert. Anschließend überprüft und bestätigt eine Evaluierungskommission, über deren Einsetzung ebenfalls am Samstag ein Beschluss gefasst werden soll, die Ergebnisse des Evaluierungsprozesses auf die Einhaltung der vereinbarten Kriterien und ihre Nachvollziehbarkeit.. Die Abstimmung über den nationalen Kandidaten erfolgt dann auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 26. September in Baden-Baden. 

Anpassung der Satzung und Ordnungen

Wie gewohnt gibt es einige Anträge auf Satzungsänderungen, dies sind die wichtigsten:

  • Die Landessportbünde möchten die Zusammensetzung des DOSB-Präsidiums unter Paragraf 17, Abschnitt 1b von fünf auf vier Mitglieder verändern, von denen je eines aus den olympischen und nicht-olympischen Fachverbänden, den Verbänden mit besonderen Aufgaben und den LSB entsendet werden soll.
  • Die Mitgliederversammlung soll alle zwei Jahre in gewohntem Format in Frankfurt am Main und in den Zwischenjahren in abgespeckter Variante mit Stimmrecht für höchstens drei Delegierte pro Mitgliedsorganisation durchgeführt werden, um Kosten für alle Beteiligten zu minimieren.
  • Eine Bündelung der Stimmen auf eine/n Delegierte/n soll möglich werden.
  • Organe und Gremien sollen beschlussfähig bleiben, auch wenn sie nicht vollständig besetzt sind.

Weitere Anträge

Zwei Anträge dürften das größte Interesse hervorrufen.

Zum einen soll ein neues Berechnungsmodell für die Olympiastützpunkte (OSP) beschlossen werden. Dieses wurde in Zusammenarbeit von Vertreter*innen des DOSB, der OSP und des Bundeskanzleramtes erstellt und löst das seit 2013 gültige, inzwischen veraltete DOSB-Berechnungsmodell ab. Es ermittelt den Finanzierungsbedarf der sportfachlich als erforderlich anerkannten Leistungen der OSP und berücksichtigt folgende Aspekte: Athlet*innen-zentrierte Darstellung der sportfachlichen Bedarfe an den OSP in Anlehnung an den Prüfbericht 10/2024 des Bundesrechnungshofs; die Anpassung im Hinblick auf das seit 2013 veränderte Aufgabenportfolio der OSP; die Reduktion von Unterschieden von Betreuungsleistungen im Rahmen der Grundbetreuung für Athlet*innen an unterschiedlichen Standorten; den Erhalt eines flächendeckenden OSP-Systems in Deutschland.

Zum anderen soll mit Gültigkeit vom 1. Januar 2027 an eine Vergütung des bislang ehrenamtlich arbeitenden Präsidiums beschlossen werden. So stünden bei Zustimmung künftig dem Präsidenten/der Präsidentin 2000 Euro und den Präsidiumsmitgliedern 1000 Euro monatliche Aufwandsentschädigung zu.

„Eine Win-win-Situation mit etwas mehr Win für mich!“

Was sie gedacht hat, als sie im Frühsommer im Training zum ersten Mal wieder einen Berg erklimmen musste, daran kann sich Janina Hettich-Walz genau erinnern. „Puh, das wird zäh, das war mein erstes Gefühl“, sagt die 29-Jährige vom SC Schönwald. Wer sie allerdings am vergangenen Wochenende beim Auftakt des Biathlon-Weltcups in Östersund (Schweden) in den beiden Staffeln beobachtete, darf feststellen: Die Vorbereitung mag zäh gewesen sein, aber Janina Hettich-Walz ist auf dem Level, das sie in der Saison 2023/24 auf Rang zehn im Gesamtweltcup und zu ihrer ersten (und bislang einzigen) WM-Einzelmedaille - Silber in Nove Mesto (Tschechien) - geführt hatte. „Ich bin wieder voll da“, sagt sie im Team-Deutschland-Podcast im Gespräch mit Podcast-Host Paul Burba, das an diesem Mittwoch erscheint.

Der Grund dafür, dass diese Leistungsentwicklung so besonders zu betonen ist, trägt den Namen Karlotta. Im Februar hatte Janina Hettich-Walz ihre erste Tochter zur Welt gebracht. Die Schwangerschaft war geplant und erwünscht. „Ich wollte schon länger eher früh Mutter werden, deshalb hatte das für uns Priorität, auch auf das Risiko hin, dass ich es nicht mehr zurück in den Leistungssport geschafft hätte“, sagt die Athletin. Während der Schwangerschaft vermied sie es, zu viel Austausch mit anderen Müttern zu suchen, „weil es mich eher gestresst hätte, mich dauernd mit anderen zu vergleichen. Es gibt hundert verschiedene Meinungen und Wege, wie man mit dem Thema umgehen kann, und jede Mutter muss für sich den richtigen Weg finden. Nur du selbst kennst deinen Körper und dein Kind“, sagt sie.

Zwei Wochen nach der Geburt startete sie wieder mit leichtem Training

Sechs Wochen vor und drei Wochen nach der Geburt ging in puncto Sporttreiben gar nichts bei der gebürtigen Schwarzwälderin. „Ich habe zwei Wochen nach der Entbindung wieder ganz leicht mit Radfahren und Rückbildungsgymnastik angefangen, habe anfangs sehr viel Wert auf Beckenbodenstabilisierung gelegt. Zum Glück waren sowohl die Schwangerschaft als auch die Geburt nicht besonders anstrengend, so dass sich mein Körper recht schnell wieder an Belastung gewöhnt hat“, sagt sie. Im April stand ein Langlauftraining in Norwegen auf dem Programm, ab Mai begann sie damit, gewohnte Umfänge zu absolvieren, um im Juni ins Teamtraining einsteigen zu können. Und im September holte sie bei den Deutschen Meisterschaften am Großen Arber im Bayrischen Wald auf Skirollern die Titel im Einzel und im Sprint. „Das hat mich dann doch selbst etwas überrascht“, gibt sie ehrlich zu.

Die Motivation, die Janina Hettich-Walz antreibt, ist allerdings nachvollziehbar. Nachdem sie 2022 die Olympischen Spiele in Peking (China) verpasste und sich in vier Jahren zu den Spielen in Frankreich nicht mehr im Leistungssport sieht, sind die vom 6. bis 22. Februar 2026 anstehenden Winterspiele in Norditalien „sehr wahrscheinlich meine letzte Chance, mir den Traum von einer Teilnahme an Olympischen Spielen zu erfüllen.“ Zur Qualifikation sind in der Weltcupsaison 2025/26, die an diesem Wochenende in Östersund fortgesetzt wird und vor Weihnachten noch in Hochfilzen (Österreich/8. bis 14. Dezember) und Annecy (Frankreich/15. bis 21. Dezember) Station macht, zwei Top-15- oder eine Top-8-Platzierung notwendig. „Ich arbeite jeden Tag daran, in die Form zu kommen, dass ich das schaffen kann“, sagt sie.

Ein Besuch in der Medaillenschmiede des deutschen Sports

Um die Stahltür zu öffnen, die eins der Heiligtümer des Hauses schützt, muss Ronny Hartnick, den man beileibe nicht als halbe Portion bezeichnen kann, eine Menge Kraft aufwenden. Als sie endlich zur Seite schwingt und den Blick freigibt auf einen zwölf Meter langen Tunnel, der aussieht wie eine MRT-Röhre, in die man bequem zehn Menschen auf einmal hineinschieben könnte, erfüllt ein Strahlen sein Gesicht. „In diesem Gerät haben wir den Vierer gefertigt, mit dem die deutschen Kanuten in Paris Gold gewonnen haben“, sagt er - und wirkt dabei wie ein stolzer Vater, der seine Kinder für ein Einser-Zeugnis lobt. Wie viel Herzblut und Leidenschaft in diesem von außen unscheinbaren Industriekomplex an der Tabbertstraße in Berlin-Oberschöneweide stecken - das wird in dem Moment greifbar, in dem Ronny Hartnick vor dem größten von vier Autoklaven steht und dem Besuch aus dem DOSB dessen Bedeutung näherzubringen versucht.

Der 46-Jährige ist stellvertretender Direktor und Chef der Abteilung Projektleitung im Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES). Gemeinsam mit dem Institut für Angewandte Trainingswissenschaften (IAT) in Leipzig bildet der eingetragene Verein das wissenschaftliche Fundament des deutschen Hochleistungssports. Vorsitzender des gemeinsamen Trägervereins ist DOSB-Vizepräsident Prof. Dr. Martin Engelhardt, Olaf Tabor als Vorstand Leistungssport im DOSB ist ebenfalls als Vorstandsmitglied involviert. Gäbe es das FES nicht, wäre die Medaillenbilanz von Team D bei Olympischen Spielen noch dürftiger, insbesondere die Stärke im Eiskanal fußt auf dem, was an der Tabbertstraße entwickelt wird. „Bausteine für Olympiasiege“, so lautet das Motto, das die rund 90 Mitarbeitenden ihrer Arbeit vorangestellt haben. Und wer die Gelegenheit bekommt, das Institut zu besuchen, der kann sich davon überzeugen, wie intensiv dieser Leitspruch gelebt wird.

11,008 Millionen Euro kommen aus Bundesmitteln

Einen wichtigen Teil der Verantwortung dafür trägt Michael Nitsch. Der 60-Jährige, geboren in Ost-Berlin, gelernter Maschinenbauer und seit 1992 im FES tätig, ist seit sieben Jahren dessen Direktor und ein Mann, der klare Worte schätzt. „Unser Anspruch ist es, in den Sportarten, die wir betreuen, die besten Sportgeräte der Welt zu liefern“, sagt er, „dafür braucht es Weltklasse-Arbeitsbedingungen, um die wir immer aufs Neue kämpfen müssen.“ 12,564 Millionen Euro beträgt der Haushaltsetat für das laufende Jahr, davon kommen 11,008 Millionen aus Bundesmitteln.  Steuergeld also, dessen Verwendung penibel kontrolliert wird. „Wenn wir unsere Leistung nicht nachweisen können, verlieren wir unsere Existenzberechtigung. Das ist die Herausforderung, der wir uns jedes Jahr aufs Neue stellen. Wir sind als eingetragener Verein nicht auf Gewinnmaximierung aus, sondern darauf, dem deutschen Sport die besten technologischen Rahmenbedingungen zu ermöglichen“, sagt er.

Auf drei Säulen fußt die Arbeit des Instituts: Entwicklung von Sportgeräten, Entwicklung von Mess- und Informationssystemen und Bereitstellung wissenschaftlicher Unterstützungsleistungen. „Nur rund zehn Prozent unseres Etats gehen in die Verwaltung und Administration unseres Instituts. Fast alles, was wir haben, stecken wir in den Sport“, sagt Michael Nitsch. Die größte Herausforderung besteht darin, Personal zu finden, das bereit ist, den Wettbewerb anzunehmen, dem sich das FES stellt. Rund 70 Prozent des Haushalts fließen in den Personaletat. Und wenn man weiß, dass die Belegschaft zu großen Teilen aus hochqualifizierten Ingenieuren verschiedener Fachrichtungen, Software- und Messtechnikentwicklern sowie Metall- und Kunststoffspezialisten besteht, dann ist es leicht auszurechnen, dass diese Fachleute in der freien Wirtschaft deutlich mehr Geld verdienen könnten.

„Alle, die bei uns sind, tun das, weil es sie reizt, sich im Wettbewerb um die besten Ideen zu messen. Und auch, weil sie es spannend finden, das Team D zu unterstützen und zu dessen Erfolg beizutragen“, sagt Ronny Hartnick. Dabei helfe natürlich eine Sportbegeisterung, die viele Mitarbeitende mitbringen. „In erster Linie aber geht es darum, dass sie besessen davon sind, auf ihrem Gebiet die Besten zu sein und Technik zu entwickeln, die auch fünf Jahre später noch innovativ ist, denn das ist der Vorsprung, den wir brauchen, um Weltspitze zu sein“, sagt der gebürtige Cottbuser, der Maschinenbau studiert hat, 1998 als Schüler nach dem Abi zum Praktikum ins FES kam und seit 2005 dort fest angestellt ist.

„Noch einmal alles herausholen, was möglich ist“

Normalerweise läuft es doch so: Eine Leistungssportlerin spürt, dass sich ihre aktive Karriere dem Ende zuneigt. Sie überlegt, was der nächste Lebensabschnitt bereithalten könnte, und kommt zu dem Schluss, nun Zeit für ein Engagement in der Sportpolitik zu haben. Sie tritt also im Wettkampfbetrieb kürzer, übernimmt ein Amt, um erste Erfahrungen zu sammeln, und wenn es gut läuft, wird daraus eine Berufung, idealerweise sogar ein Beruf.

An diesem Sonnabend werden die Delegierten auf der Mitgliederversammlung des DOSB im Kap Europa in Frankfurt am Main eine Athletin verabschieden, die den umgekehrten Weg geht. Fabienne Königstein, seit 2021 als Vertreterin der Athlet*innenkommission Mitglied im DOSB-Präsidium, gibt ihr sportpolitisches Amt auf, um sich in den kommenden Jahren voll auf ihre Ziele im Langstreckenlauf zu konzentrieren. Die 33-Jährige will, nachdem sie Ende September beim Berlin-Marathon in 2:22:17 Stunden die drittbeste je von einer Deutschen gelaufenen Zeit in die Rekordliste brannte, „noch einmal alles herausholen, was möglich ist. Und dazu gehört, dass ich meinen Fokus komplett auf den Sport lege“, sagt sie.

Ein ungewöhnlicher Schritt ist das, aber er passt zu der Athletin, die zum 1. Januar von der MTG Mannheim zu Hannover 96 ins Laufteam Niedersachsen wechselt und in ihrem Leben schon häufiger von der Norm abgewichen ist. Nach einem Einser-Abitur am Ottheinrich-Gymnasium in Wiesloch und einem einjährigen Sportstipendiat in den USA studierte sie Molekularbiologie am Deutschen Krebsforschungszentrum der Universität Heidelberg, schloss den Bachelor mit 1,1 und den Master mit 1,2 ab. Doch anstatt eine Karriere in der Wissenschaft anzustreben, entschied sie sich, zum Leidwesen ihrer Eltern und Großeltern, für ihren Sport. „Es war eine Herzensentscheidung“, sagt sie, „Labor macht mich einfach nicht glücklich. Gib mir ein Lehrbuch, das finde ich spannend. Aber nach einem Tag im Labor habe ich komplett schlechte Laune. Ich sehe meine Zukunft in der Sportwelt.“

Rückblick mit einer Mischung aus Stolz und Dankbarkeit

Zunächst sah es jedoch so aus, als wolle diese Sportwelt mit der gebürtigen Heidelbergerin nichts zu tun haben. Ständige Verletzungen zermürbten sie. 2019 erzwang ein Ermüdungsbruch im Fersenbein mehrere Monate Pause. 2020, nach Abschluss ihres Studiums, begann sie, sich mit sportpolitischen und in erster Linie frauenspezifischen Themen zu befassen, „weil ich spürte, dass ich abseits des Trainings eine Beschäftigung zum Ausgleich brauchte und dem Sport, der mir sehr viel gegeben hat, etwas zurückgeben wollte.“ Und als sie im August 2021 wegen eines Sehnenabrisses im Oberschenkel, der operativ behoben werden musste, erneut für ein halbes Jahr zur Untätigkeit gezwungen war, entschied sie sich für eine Kandidatur um einen Platz im Präsidium des Vereins Athleten Deutschland. Sie hatte Erfolg, wurde gewählt und damit, weil dem Wunsch vieler Athlet*innen folgend beide Gremien personengleich besetzt werden sollten, auch Mitglied der Athlet*innenkommission des DOSB.

Ein Problem sieht Fabienne Königstein in der Doppelfunktion nicht, weder rückblickend noch in die Zukunft gerichtet. „Es geht in beiden Gremien um das vorrangige Ziel, die Bedingungen für Athletinnen und Athleten zu verbessern. Wenn allen klar ist, dass sie ihre Rollen den Bedürfnissen der beiden Institutionen anpassen müssen, sehe ich es eher als Vorteil an, dass die Interessenvertretung mit einer Stimme sprechen kann“, sagt sie. Die Ressentiments, die zwischen manchen Funktionsträger*innen auf beiden Seiten herrschen, könne sie weder nachvollziehen noch gutheißen. „Ich würde mir wünschen, dass man in Sportdeutschland stolz darauf ist, so starke Athletinnen und Athleten zu haben, die im engen Austausch untereinander stehen. Das, was Athleten Deutschland auszeichnet, nämlich hauptamtlich zu arbeiten und finanzielle Mittel zu haben, mit denen sich wirksam arbeiten lässt, kann eine ehrenamtliche Athlet*innenkommission im DOSB gar nicht leisten. Es ist schade, dass wir es nach wie vor nicht geschafft haben, klar zu definieren, wer welche Aufgaben übernimmt“, sagt sie.

Es ist eine Mischung aus Stolz und Dankbarkeit, mit der Fabienne Königstein auf ihr Wirken im DOSB zurückschaut. „Im aktuellen Koalitionsvertrag sind einige der Themen enthalten, für die ich mich stark gemacht habe, auch wenn ich meinen persönlichen Einfluss weder richtig einschätzen kann noch überbetonen möchte“, sagt sie. Als DOSB-Präsidiumsmitglied sei ihr wichtig gewesen, sich nicht nur für „Athletenthemen“ einzusetzen, sondern die Bandbreite der Sportpolitik zu erfassen. Für ihre persönliche Entwicklung sei die Zeit deshalb besonders lehrreich gewesen. Aus einer Musterschülerin, die sich schwer getan hat, Minderheitsmeinungen zu äußern und zu vertreten, sei ein Mensch geworden, der sich traut, für seine Meinung einzustehen und auch für die Meinungen anderer zu kämpfen. „Das Wichtigste, was ich gelernt habe: Wie mühsam und gleichzeitig wichtig es ist, Kompromisse zu schließen. Man wird niemals alle zufriedenstellen, aber man kann Lösungen finden, die alle mittragen können.“

Geschäftsführerin Claudia Wagner verlässt Deutsche Sport Marketing Ende März 2026

Die bevorstehenden Olympischen und Paralympischen Spiele in Mailand Cortina 2026 und die damit verbundene Organisation und Umsetzung des Deutschen Hauses vor Ort als „Home of Team D“ werden ihre letzten, großen Events an der Spitze der Deutschen Sport Marketing (DSM) sein. Claudia Wagner, seit 2018 Geschäftsführerin der Vermarktungsagentur von Deutschem Olympischen Sportbund (DOSB) und Deutschem Behindertensportverband (DBS), gibt den Posten zum 31. März 2026 auf eigenen Wunsch ab, um ab 1. April 2026 eine neue Etappe auf ihrem Karriereweg zu starten.

„Wir bedauern den Weggang von Claudia Wagner sehr. Gemeinsam mit ihrem Team hat sie Großes für die Deutsche Sport Marketing geleistet. Claudia Wagner hat neue Wirtschaftspartner gewonnen, innovative Formate entwickelt und das Konzept des Deutschen Hauses mit der Ausgabe in Paris 2024 auf eine neue Stufe gehoben sowie für die Fans von Team D geöffnet”, sagt Thomas Pfüller, Vorsitzender des Beirats der DSM.

Continuous Dialogue - was ist das eigentlich?

Mit der Statue Pierre de Coubertins im Rücken, im Jahr 1894 Gründer des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), wurde Otto Fricke am Freitagmittag im Olympic House in Lausanne staatstragend. „Das ist ein wichtiger Tag für den DOSB, denn wir sind heute in den Continuous Dialogue mit dem IOC eingetreten“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Olympischen Sportbundes. Gemeinsam mit DOSB-Präsident und Delegationsleiter Thomas Weikert, den beiden IOC-Mitgliedern in Deutschland, Kim Bui und Michael Mronz, Katrin Grafarend als Leiterin des Ressorts Internationales und Stephan Brause, Leiter des Ressorts Olympiabewerbung, war Fricke in die Schweiz gereist, um auf dem Weg zu einer deutschen Bewerbung um die Ausrichtung Olympischer Spiele den nächsten Schritt zu gehen.

Welche Bedeutung dieser hat, das kann Katrin Grafarend, die für die Weiterführung des Dialogs mit dem IOC auf hauptamtlicher Ebene verantwortlich sein wird, am besten erläutern: „Wir hatten auch bisher schon ein sehr gutes Arbeitsverhältnis mit dem IOC, aber keinen konkreten Status. Der Continuous Dialogue ist der Beginn einer noch engeren Zusammenarbeit, er vertieft den Austausch mit dem IOC auf dem Weg zur Bewerbung.“ Der Sinn hinter diesem Austausch: Das IOC wartet nicht wie früher auf das, was ihm die Kandidatenstädte an Konzepten anbieten, sondern engagiert sich aktiv darin, die Bewerbungen zu optimieren, indem es den Bewerbern aktuelle Entwicklungen spiegelt und wertvolle Informationen zur Verfügung stellt. Diese Rolle ist ein wenig vergleichbar mit jener, die der DOSB aktuell im Dialog mit den vier Bewerberregionen Berlin, Hamburg, München und Rhein-Ruhr spielt; die Rolle eines neutralen Begleiters, dem viel daran gelegen ist, das bestmögliche Konzept im Rennen um die olympische Gastgeberrolle herauszufiltern.

Staatsministerin Christiane Schenderlein mit zwei Mitarbeitenden dabei

Zunächst gab es deshalb am Freitagvormittag ein Arbeitstreffen zwischen der DOSB-Delegation und vier Mitgliedern der IOC-Abteilung „Future Olympic Host“. Darin stellte der DOSB den aktuellen Stand der Bewerbung vor mit den vier Regionen, die die IOC-Mindeststandards alle erfüllen, erläuterte die Unterstützung der Politik, die sich am 19. November mit einem Kabinettsbeschluss hinter die Bewerbung gestellt hatte, und erklärte den weiteren Weg zur Kandidatenfindung, der am 26. September 2026 auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung in Baden-Baden schließlich zu einem Ergebnis führen soll.

Anschließend stieß zum zentralen Tagesordnungspunkt die Staatsministerin für Sport und Ehrenamt, Christiane Schenderlein (CDU), mit zwei Mitarbeitenden zur DOSB-Delegation hinzu, um IOC-Präsidentin Kirsty Coventry in Person von Thomas Weikert den offiziellen Brief zu übergeben, mit dem die Aufnahme des Continuous Dialogue beantragt wird. Eine mündliche Bestätigung gab es direkt, eine schriftliche wird folgen. Coventry nahm sich insgesamt zwei Stunden Zeit für den gemeinsamen Austausch. „Olympische und Paralympische Spiele nach Deutschland zu holen, ist unser wichtigstes sportpolitisches Ziel. Warum wir das wollen und dass wir an den Erfolg einer deutschen Bewerbung glauben, konnte ich der IOC-Präsidentin im persönlichen Austausch heute näher begründen“, sagte Schenderlein. Zum Abschluss des offiziellen Termins genoss die deutsche Gruppe noch eine Führung durch das Olympic House.

Austausch in Lausanne ist das Startsignal für den nächsten Schritt im Bewerbungsprozess

Durch die Agenda 2020 und Agenda 2020+5 wurden im Internationalen Olympischen Komitee umfassende Reformprozesse in Bezug auf den Bewerbungsprozess und die Durchführung Olympischer Spiele angestoßen. Der „Continuous Dialogue“ ist für den DOSB der nächste formale Schritt im reformierten Vergabeverfahren des IOC für Olympische Spiele. In dieser Phase tauschen sich nationale Bewerber mit dem IOC frühzeitig und ergebnisoffen zu Konzepten, Rahmenbedingungen sowie Erwartungen aus, ohne sich bereits auf ein bestimmtes Austragungsjahr festzulegen. Der DOSB hat die Olympischen und Paralympischen Spiele 2036, 2040 oder 2044 im Blick.

4. Bundesweiter Trikottag am 13. Mai 2026

Am 13. Mai 2026 sind erneut alle Sportvereinsmitglieder in Deutschland dazu aufgerufen, das Trikot, den Trainingsanzug oder das Sportoutfit ihres Heimatvereins einen Tag lang im Alltag – ob auf der Arbeit, in der Schule, in der Uni, beim Einkaufen oder unterwegs - zu tragen. Ziel der Aktion ist es, die Sichtbarkeit des Vereinssports an der Basis zu erhöhen und die Bedeutung der Sportvereine für die Gesellschaft in den Mittelpunkt zu rücken.

DOSB setzt Schutzprogramm gegen Hass im Netz für Mailand Cortina 2026 fort

Das bereits in Paris erfolgreich eingesetzte KI-Moderationssystem entlastet die Athlet*innen des Team D und Team D Paralympics während der Spiele spürbar und stärkt ihre mentale Gesundheit nachhaltig.

DOSB-Präsident Thomas Weikert betont: „Wir schützen unsere Athletinnen und Athleten - klar und konsequent. Der Hass im Netz nimmt zu, und wir lassen niemanden damit allein. Mit der Fortführung unseres Hate-Speech-Filters schaffen wir sichere digitale Räume für das Team D und das Team D Paralympics und stärken gleichzeitig die mentale Gesundheit. Wer für Deutschland antritt, verdient den größtmöglichen Schutz.“ 

Pia Greiten, 2024 in Paris Bronzegewinnerin im Rudern mit dem deutschen Doppelvierer und seit Anfang November Vorsitzende der Athlet*innenkommission im DOSB, sagt: „Leider erleben wir, dass Athlet*innen - gerade während großer Wettkämpfe - im Netz Hass und sexualisierenden Kommentaren ausgesetzt sind. Daher begrüße ich die Möglichkeit des Hate-Speech-Filters, der ihnen zumindest während der Olympischen und Paralympischen Spiele einen gezielten Schutz vor Hasskommentaren bietet; auch wenn es bedrückend ist, dass ein solcher Schutz überhaupt notwendig ist.”

 

Bundesfinale der „Sterne des Sports“ am 26. Januar 2026

Beim großen Bundesfinale stehen zum 22. Mal jene Sportvereine im Mittelpunkt, die sich mit herausragendem gesellschaftlichem Engagement, innovativen Ideen oder besonderen Entwicklungsprojekten für ihren Verein stark gemacht haben.

Die Ehrung der 17 Finalisten übernimmt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gemeinsam mit DOSB-Präsident Thomas Weikert sowie Marija Kolak, Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR).

Die Preisverleihung findet ab 10.30 Uhr in der DZ BANK am Pariser Platz in Berlin statt. Alle Interessierten können das Bundesfinale im Livestream auf www.sportschau.de verfolgen.

 

Vinzenz Geiger kämpft mit seiner Sportart ums olympische Überleben

Der Schreck war groß, als der Deutsche Skiverband (DSV) vor drei Wochen eine Eilmeldung verschickte. Vinzenz Geiger, Gesamtweltcupsieger der Saison 2024/25 und zweimaliger Olympiasieger, hatte beim Krafttraining einen dreifachen Bänderausriss am rechten Fuß erlitten. Den Auftakt in das Weltcupjahr 2025/26, der die Nordischen Kombinierer an diesem Wochenende in die Region Ruka-Kuusamo ins finnische Lappland und eine Woche darauf nach Trondheim (Norwegen) führt, müsse der 28-Jährige definitiv auslassen, hieß es. Sofort schrillten erste Alarmglocken: Würde der Mann, der nach dem Rücktritt des langjährigen norwegischen Dominators Jarl Magnus Riiber (28) und dessen Landsmann Joergen Graabak (34) als Topfavorit in das Olympiajahr starten sollte, den Saisonhöhepunkt vom 6. bis 22. Februar in Norditalien verpassen?

Drei Wochen später kann Vinzenz Geiger im Gespräch mit dem DOSB deutliche Entwarnung geben. „Der Heilungsprozess verläuft optimal. Am vergangenen Mittwoch konnte ich nach zwei Wochen Komplettentlastung auf Krücken erstmals wieder auf Skiern stehen. Ich bin fast schmerzfrei und werde in der ersten Dezemberwoche auf die Schanze zurückkehren“, sagt er. Einen Ausfall für die Winterspiele habe er nie in Betracht gezogen. „Es hat zwar geschmerzt, als es passiert ist, aber dass Olympia in Gefahr wäre, hatte ich nicht im Kopf.“ Erst als die Diagnose feststand, habe er kurzzeitig Unruhe verspürt, „weil ich nicht wusste, wie lange man mit so einer Verletzung ausfällt. Ich habe gegoogelt und mit den behandelnden Ärzten gesprochen, dann war das Thema durch.“

Nordischer Kombination droht das Aus für die Winterspiele 2030

Das ist nicht nur aus sportlicher Sicht wichtig für die deutsche Mannschaft, sondern auch, weil sich der gebürtige Oberstdorfer zu einem Wortführer im Kampf um die Zukunft seines Sports aufgeschwungen hat. Weil das Internationale Olympische Komitee (IOC) der Ansicht ist, der Nordischen Kombination fehle es an Universalität - was bedeutet, dass zu wenige Nationen um Medaillen mitkämpfen und das weltweite Interesse zu gering ist -, droht der seit 1924 im Programm befindlichen Kombination aus Sprung und Langlauf 2030 das olympische Aus. „Unser Sport steht unter Beobachtung, was bedeutet, dass sich das IOC genau anschaut, wie hoch das Zuschauerinteresse sowohl live an den Strecken als auch im linearen Fernsehen und online ist“, erläutert Horst Hüttel, im DSV Sportdirektor für Skispringen und Nordische Kombination.

Vinzenz Geiger hat dazu eine klare Meinung. „Ich bin verärgert über das IOC, weil es für mich nicht nachvollziehbar ist, dass diese Diskussion geführt wird“, sagt er. Horst Hüttel hat wahrgenommen, dass im deutschen Team eine trotzige Aufbruchstimmung herrsche. „Die Mannschaft möchte mit starken Leistungen dazu beitragen, dass das IOC einsieht, wie interessant und auch beim Publikum beliebt ihre Sportart ist“, sagt er. Im Hintergrund arbeite der Weltverband FIS mit den Nationalverbänden hart daran, Überzeugungshilfe zu leisten. „Die Organisatoren der Winterspiele 2030 in Frankreich haben schon gesagt, dass sie die geplante neue Normalschanze nicht bauen werden, wenn die NoKo aus dem Programm fliegt. Das würde dann auch das Skispringen gefährden“, sagt Hüttel.

„Es darf keinen Mut mehr erfordern, über mentale Krankheiten zu sprechen“

DOSB: Was war für euch die Initialzündung dafür, euch im Bereich Mentale Gesundheit zu engagieren?

Lars Wichert: Nach dem tragischen Tod meines ehemaligen Zweierpartners Yannic Corinth, der sich 2016 unter dem Eindruck einer schweren Depression das Leben genommen hat, hatten wir alle das Gefühl, dass wir unbedingt etwas tun müssten. Wir wollten mit „Wir für Yannic“ etwas schaffen, das einerseits an ihn erinnert und andererseits hilft, mit der Krankheit Depression besser umzugehen. Als der Verein 2017 eingetragen wurde, war das Thema Mentale Gesundheit bei Weitem nicht so populär wie heute. Unser Ansatz war deshalb, mitzuhelfen, es zu enttabuisieren. Anfangs haben wir auf Breitensportveranstaltungen Aufmerksamkeit dafür geschaffen. Heute haben wir das dritte Symposium hinter uns und können sagen, dass wir eine gute Informationsbasis für alle Menschen geschaffen haben, die zu diesem Themenkomplex Wissensbedarf haben.

Léa Krüger: Lars hat mit seinem Verein den Weg dahin geebnet, dass sich Sportlerinnen und Sportler heute mehr trauen, über mentale Probleme zu sprechen. Es ist kein absolutes Tabu mehr. Aber die Strukturen im Leistungssport sind weiterhin nicht so, dass man komplett offen darüber sprechen könnte. Bei mir war es damals ähnlich. Ich habe während des Leistungssports eine Essstörung entwickelt und hatte Angst davor, mich meinem Umfeld anzuvertrauen, weil ich befürchtete, dadurch Nachteile zu bekommen. Diese Angst hat sich leider bestätigt, weil die Trainer häufig selbst überfordert sind mit dieser Thematik und unter dem Druck stehen, Leistung produzieren zu müssen. Mit der Zeit habe ich immer mehr Athletinnen und Athleten kennengelernt, die sich nicht trauten, ihre Probleme offen anzusprechen. Viele dachten, dass sie mit ihren Themen allein dastünden. Das war für mich im vergangenen Jahr der Startpunkt dafür, mit dem Rugby-Nationalspieler Ben Ellermann „Mehr als Muskeln“ zu gründen, um Abhilfe zu schaffen - zunächst, indem wir über Zoom Calls einen sicheren Raum bieten, in dem sich Betroffene und Interessierte austauschen können. Darüber sind sehr intensive Gespräche zustande gekommen, die uns gezeigt haben, wie groß dieses Thema wirklich ist.

Lars, du bist seit 2017 engagiert. Was hat sich in den vergangenen acht Jahren bewegt, wie weit seid ihr auf dem Weg der Enttabuisierung gekommen?

Lars: Was uns in die Karten gespielt hat, waren Äußerungen von sehr bekannten Sportpersönlichkeiten wie Simone Biles oder Rafael Nadal. Viele Menschen denken ja, dass berühmte und erfolgreiche Athleten keine Probleme haben könnten, weil sie doch gewinnen. Wenn dann solche Vorbilder offen über mentale Gesundheit sprechen, hat das eine Strahlkraft, die Grenzen überschreiten kann. Weiterhin gilt: Jeder Mensch muss abwägen, wie weit er sich öffnen möchte, aber niemand sollte sich dafür rechtfertigen müssen, wenn er sich Hilfe holt. Die Gesamtdynamik dieses Themas ist seit 2017 schon deutlich gewachsen, die Gespräche sind offener geworden und wir können die Hilfsangebote besser veranschaulichen und viel Gutes mit auf den Weg geben. Der größte Vorteil ist, dass Trainerinnen und Trainer bei uns Fortbildungspunkte bekommen können. Dadurch erreichen wir eine deutlich größere Bandbreite an Rückmeldungen.

Gesprächsangebote sind sicherlich eine gute Unterstützung, aber ernsthafte mentale Erkrankungen müssen von Fachkräften behandelt werden. Wie bindet ihr diese ein?

Léa: Bei uns war vom ersten Call an ein psychotherapeutischer Experte dabei, damit dort alles in einem gesunden und geschützten Rahmen abläuft. Der Schritt, Expertinnen und Experten einzubinden, ist absolut notwendig. Es geht dabei nicht darum, dass sich Betroffene unmittelbar öffnen müssen, aber es braucht ein Umfeld, das ihnen die Hilfe zur Seite stellt, die sie brauchen und dann auch bekommen. Einen Menschen beispielsweise aus einer Depression herauszuholen, das kann nicht Aufgabe von Teamkolleginnen oder Trainern sein, dafür braucht es Fachleute.

Lars: Wir hatten diesen Ansatz auch von Beginn an und können mittlerweile auf ein Netzwerk aus sehr erfahrenen und renommierten Therapeutinnen und Therapeuten setzen. Wenn Hilfe benötigt wird, können wir diese vermitteln.

„Das Viertelfinale sollte für uns ein Muss sein“

Wenn an diesem Mittwoch (18 Uhr) in der Porsche-Arena in Stuttgart das erste WM-Vorrundenspiel der deutschen Handballfrauen gegen Island angeworfen wird, stehen Antje Döll und Nieke Kühne im Blickpunkt. Linksaußen Döll (37) von der Sport-Union Neckarsulm führt die Auswahl von Bundestrainer Markus Gaugisch als Kapitänin an. Rückraumspielerin Kühne (21) von der HSG Blomberg-Lippe ist die jüngste Spielerin im Aufgebot. In acht Vorrundengruppen treten jeweils vier Teams gegeneinander an, nach Island warten noch Uruguay (28. November, 18.00 Uhr) und Serbien (30. November, 18.00 Uhr) auf das DHB-Team. Die besten drei Teams jeder Gruppe erreichen die Hauptrunde mit vier Sechsergruppen, die für Deutschland in Dortmund stattfände. Weiterer Spielort in Deutschland ist Trier, beim Co-Gastgeber Niederlande wird in Rotterdam und s’Hertogenbosch gespielt. Die jeweils besten zwei der vier Hauptrundengruppen stehen im Viertelfinale. Warum dessen Erreichen ein Muss ist und was sie sich vom Heimvorteil erhoffen, erläutern die beiden im Gespräch mit dem DOSB.

DOSB: Nieke, du stehst vor deinem ersten internationalen Großevent für den A-Kader. Was ist in dir vorgegangen, als du vom Bundestrainer Markus Gaugisch nominiert wurdest?

Nieke Kühne: Es war wie im Film. Ich war zu Hause in Seesen und habe mit meiner Mutter darüber gesprochen, ob Markus mich wohl anrufen würde. Dann klingelte das Telefon, er war dran und wollte erst einmal mit mir über mein letztes Spiel sprechen. Ich war so aufgeregt und habe gesagt: Komm bitte zum Punkt! (lacht) Dann hat er mir mitgeteilt, dass ich zur WM eingeladen bin. Es war vorher nicht klar, dass es eine positive Nachricht werden würde, es hätte auch eine Absage sein können. Insofern war ich sehr glücklich. Mama und ich haben dann erst einmal etwas Schönes gegessen.

Antje, für dich ist es nach 2017 die zweite Heim-WM, du warst im vergangenen Jahr auch bei den Olympischen Spielen in Paris im Kader. Welchen Stellenwert hat das bevorstehende Turnier für dich?

Antje Döll: Eine Heim-WM ist das Nonplusultra. Von der Größe des Events ist Olympia zwar noch einmal ein anderes Thema als eine WM. Aber so ein Turnier im eigenen Land erleben zu können, das muss man auch genießen. Für mich persönlich wird es ein Meilenstein, weil ich die Mannschaft als Kapitänin aufs Feld führen darf.

Du bist erst im Alter von 28 Jahren ins Nationalteam gekommen, die Heim-WM 2017 war damals auch für dich dein erstes großes Turnier. Was rätst du einer jungen Spielerin wie Nieke, die das nun schon als 21-Jährige erleben darf?

Antje: Dass sie jede Minute, die sie auf dem Feld steht, ebenso genießen soll. Genauso  das ganze Drumherum. Ich bin spät in die Erste Bundesliga gekommen und hatte deshalb mein Debüt in der A-Nationalmannschaft entsprechend spät. Bei der WM 2017 war ich für meine damaligen Positionen am Kreis und auf Linksaußen als Drittbesetzung dabei. Nieke wird eine wichtigere Rolle bei uns einnehmen, wir wissen, was sie kann. Für mich war klar, dass Markus sie nominieren wird.

Nieke, welche Rolle traust du dir selbst denn zu, und was sind die wichtigsten Qualitäten, die Antje ins Team einbringt?

Nieke: Ich möchte mir meine Unbekümmertheit bewahren und manche Gegnerinnen, die mich noch nicht so kennen, überraschen. Ich möchte mit meiner Schnelligkeit helfen und werde in jeder Minute Spielzeit, die ich bekomme, 100 Prozent geben. Wenn ich meine Chance kriege, gebe ich alles, egal auf welcher Position. Ich bin eine emotionale Spielerin, möchte aber noch mehr aus mir herauskommen. Zu Antje kann ich sagen, dass sie für mich als junge Spielerin eine großartige Hilfe ist, weil sie mit ihrer Erfahrung und Ruhe auf mich einwirkt. Sie ist einfach super wichtig, für mich und für das gesamte Team.

Bundesregierung bekräftigt Unterstützung für Olympiabewerbung

Die Bundesregierung steht geschlossen hinter der deutschen Bewerbung für die Ausrichtung Olympischer und Paralympischer Spiele. Am Mittwoch beschloss das Bundeskabinett, bestehend aus Kanzler Friedrich Merz und den 17 Bundesministerinnen und -ministern, die Unterzeichnung einer „Politischen Vereinbarung zu einer deutschen Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele“. Dieses sogenannte Memorandum of Understanding soll am 4. Dezember von Merz, DOSB-Präsident Thomas Weikert, den Ministerpräsidenten von Bayern und Nordrhein-Westfalen, Markus Söder (CSU) und Hendrik Wüst (CDU), dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner (CDU), dem Ersten Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Peter Tschentscher (SPD), und dem Oberbürgermeister der Stadt München, Dieter Reiter (SPD), unterzeichnet werden.

„Wir freuen uns, dass die Bundesregierung mit dem heutigen Kabinettsbeschluss unterstrichen hat, dass die schon im Koalitionsvertrag verankerte Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele ihr wichtigstes sportpolitisches Ziel ist. In den kommenden Wochen werden wir gemeinsam mit der Politik weitere wichtige Schritte gehen, um unsere Kandidatur für den Zeitraum 2036 bis 2044 auf den Weg zu bringen“, sagte Thomas Weikert. Vor der Unterzeichnung der Vereinbarung steht in der kommenden Woche in Lausanne (Schweiz) die Aufnahme des „Continuous Dialogue“ mit dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) auf dem Programm.

Christiane Schenderlein (CDU), Staatsministerin für Sport und Ehrenamt im Bundeskanzleramt, bezeichnete in einem auf Instagram verbreiteten Video die Bewerbung als „DAS sportpolitische Ziel der Bundesregierung. Durch Olympia stärken wir unser Wir-Gefühl und senden ein Zeichen des Aufbruchs.“ Auf ihrer Website ordnet die Bundesregierung den Schritt als „Ausdruck der Geschlossenheit“ ein. Der DOSB wird auf seiner Mitgliederversammlung am 6. Dezember in Frankfurt am Main über den weiteren Weg der Auswahl des nationalen Kandidaten abstimmen. Berlin, Hamburg, München und die Region Rhein-Ruhr sind im Rennen, die Entscheidung soll auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 26. September in Baden-Baden fallen. 

Neues Freiwilligensurvey: Sport bleibt Vorreiter trotz sinkender Engagementquote

Sportvereine bleiben die mit Abstand beliebtesten Orte für freiwilliges Engagement in Deutschland.

Das geht aus dem neusten Deutschen Freiwilligensurvey (FWS) hervor, der im Auftrag der Staatsministerin für Sport und Ehrenamt, Dr. Christiane Schenderlein (CDU), erstellt wurde. Für die Studie werden seit 1999 alle fünf Jahre mehr als 27.000 Menschen in Deutschland zu ihrem freiwilligen Engagement befragt. Der 6. FWS ist am 14. November erschienen.

Wie der Sport darin abschneidet und was Sportvereine daraus lernen können, zeigen wir euch hier.

Folker Hellmunds Abschied stellte sogar die IOC-Präsidentin in den Schatten

Auf einer sportpolitischen Veranstaltung dieser Tage der neuen IOC-Präsidentin die Show zu stehlen - das muss man erst einmal schaffen. Kein Wunder also, dass dem Mann, dem dieses Kunststück gelang, am Montagabend kurzzeitig die Stimme versagte. Ob vor Rührung oder weil er sich für zu viele Glückwünsche bedanken musste, war nicht ganz klar. Aber Folker Hellmund war heiser, als er sein Team aus dem Brüsseler EU-Büro des Europäischen Olympischen Komitees (EOC) auf der Bühne für ein Erinnerungsfoto aufzustellen versuchte. „Es waren die Menschen, mit denen ich arbeiten durfte, die diesen Posten so besonders gemacht haben. Ich bin sehr dankbar für diese Zeit“, sagte der 64-Jährige, nachdem er von den rund 350 geladenen Gästen bei seinem letzten offiziellen Auftritt als Büroleiter mit Standing Ovations gefeiert worden war. Ende März kommenden Jahres geht Folker Hellmund in den Ruhestand.

Anlass der Zusammenkunft in der Landesvertretung Baden-Württembergs in Belgiens Hauptstadt war eigentlich der 7. Europäische Abend des Sports, und weil sich die seit Juni amtierende IOC-Präsidentin Kirsty Coventry als Ehrengast angekündigt hatte, war das Interesse an der im Zweijahresturnus stattfindenden Veranstaltung riesig. Die ehemalige Weltklasseschwimmerin aus Simbabwe, 2004 und 2008 Olympiasiegerin über 200 Meter Rücken, wusste in ihrer Keynote auch durchaus zu emotionalisieren. Als die 42-Jährige die Bedeutung des Sports herausstrich („Ich glaube, dass Sport nicht nur Leben verändert, sondern Barrieren niederreißen kann“) oder dessen Autonomie und Universalität untermauerte („Jedes unserer Mitglieder hat die gleichen Rechte, die gleiche Stimme und muss frei sein von jeglicher politischer Einflussnahme“), brandete mehrfach Applaus auf.

Anschließend bemühten sich Glenn Micallef, für den Sport zuständiger EU-Kommissar aus Malta, die ehemalige französische Sportministerin und aktuelle NOK-Präsidentin Amélie Oudéa-Castéra, der frühere Weltklasse-Tischtennisspieler Jean-Michel Saive als Präsident von Belgiens NOK und die ehemalige estnische Präsidentin Kersti Kaljulaid, mittlerweile Präsidentin des estnischen NOK, in einer interessanten, aber stellenweise langatmigen Podiumsdiskussion unter Moderation der früheren kroatischen Alpinski-Weltcupstarterin Ana Jelusic-Black, das Motto „Mehr als ein Spiel: Die Rolle des Sports in herausfordernden Zeiten“ mit Leben zu füllen. Insbesondere Oudéa-Castéra wusste mit ihrer Ehrlichkeit zu punkten, als sie das Vermächtnis der Paralympischen Spiele von Paris 2024 als enttäuschend brandmarkte, weil die kurz nach den Spielen eingesetzte neue Regierung keinen Ministerposten für Inklusion vorgesehen hatte. Die viel gelobte flächendeckende Einführung einer halben Stunde Sport an Grundschulen bezeichnete sie lediglich als einen Anfang. „Wir müssen viel weiter gehen als das“, sagte sie. 

Andi Wellinger will bereit sein, wenn es wirklich zählt

Auf der Suche nach den Erfolgsgeheimnissen besonders hochdekorierter Athleten sind es oft die basalen Erkenntnisse, die überzeugen. Andreas Wellinger, zweifacher Olympiasieger im Skispringen, hat für seine Leistungsbilanz zumindest eine einleuchtende Erklärung: „Meine Leidenschaft zum Beruf machen zu können, ist ein Privileg, das ich sehr zu schätzen weiß. Dem Traum des Menschen, fliegen zu können, sind wir Skispringer relativ nah. So lange ich motiviert bin und es Spaß macht, werde ich springen“, sagt der 30-Jährige im Team-D-Format „Trainingsfrei“, das zum Start der Weltcupsaison 2025/26 an diesem Freitag in Lillehammer (Norwegen) auf den Team-Deutschland-Kanälen ausgespielt wird. Und wer dem gebürtigen Traunsteiner im Interview mit Team-D-Host Konstantin Füller zuhört, der erlebt einen Mann, dem die Liebe zu seinem Sport Höhenflüge ermöglicht hat, die er manchmal selbst nicht für möglich gehalten hätte.

Bis zu seinem 16. Lebensjahr hatte sich Wellinger, der am liebsten Andi genannt werden möchte, nicht zwischen Langlauf und Springen entscheiden können und war deshalb in der Nordischen Kombination gestartet. „Erst als ich einen Zwei-Minuten-Vorsprung aus dem Springen in der Loipe nicht mehr durchbringen konnte und drei Minuten nach dem Sieger ins Ziel gekommen bin, habe ich gewusst, dass ich mich aufs Skispringen konzentrieren sollte.“ Das tat er 2012-– und holte bei den Olympischen Jugendspielen in Seefeld (Österreich) direkt Gold im Mixed-Team-Wettkampf sowie Rang vier im Einzel. „Das war für mich die beste Vorbereitung für Olympia. Zwei Jahre später bei meinen ersten Winterspielen in Sotschi war ich nicht mehr so überwältigt“, sagt er.

Winterspiele 2018 in Südkorea sind Wellingers Karriere-Highlight

Wellingers Olympiageschichte startete 2014 in Russland mit Gold im Teamwettbewerb. Da war er 18 Jahre alt und stand ein Jahr vor dem Abitur. „In dem Alter als Olympiasieger nach Hause zu kommen, das ist bis heute etwas sehr Besonderes für mich“, sagt er. Dennoch sind es die Spiele von Pyeongchang vier Jahre darauf, die aus seiner langen Liste an Erfolgen herausstechen. Gold im Einzel von der Normalschanze, dazu Silber von der Großschanze und mit dem Team - „das war absolut überwältigend und das Highlight meiner Karriere!“ Dass im Skispringen nach dem Höhenrausch auch Tiefflüge drohen, erfuhr der 1,84 Meter große Athlet vom SC Ruhpolding im Jahr nach den Triumphen von Südkorea. Im Sommertraining zerschmetterte er sich im Juni 2019 das Knie. Es folgten ein Jahr Pause und zwei weitere Saisons mit großen Schwierigkeiten, die für seinen Sport notwendige Leichtigkeit zurückzugewinnen.

„Ich bin ein Bauchmensch, aber in der Phase hat mir das Instinktive gefehlt, und ich konnte nicht wirklich analysieren, was der Grund dafür war“, erinnert er sich. Kurz vor den Winterspielen 2022 in Peking erkrankte er zudem an Corona, so dass er die Reise nach China nicht antrat. „Ich hätte dort kein Faktor sein können“, sagt er. Erst ein Materialwechsel im Sommer 2022 brachte die Wende, in der Saison 2022/23 schaffte Wellinger nach sechs Jahren Wartezeit in Lake Placid (USA) wieder einen Weltcupsieg und holte bei der WM in Planica (Slowenien) Gold mit dem Mixed-Team, ebenfalls sechs Jahre nach seinem ersten WM-Triumph. Aus dieser Phase hat er einen wichtigen Glaubenssatz übernommen. „Man kann im Skispringen Erfolge nicht planen. Man muss bereit sein, seine Bestleistung abzuliefern, aber ob es dann reicht, hängt davon ab, ob man in den Flow kommt.“

„Argentinien ist ein dickes Brett, aber auch wir sind gefährlich!“

Wer im deutschen Herrentennis klare, ehrliche Worte möchte, muss mit Jan-Lennard Struff sprechen. Als der 35-Jährige am Sonntagnachmittag, kurz nach der Ankunft in Italien, zum Gespräch mit dem DOSB ans Telefon geht, ist die besondere Motivation, die der Davis Cup aus ihm herauskitzelt, auch über die Entfernung zu spüren. „Wir müssen nicht darum herumreden, dass die Saison mega lang und anstrengend war“, sagt er mit Blick auf die seit Monaten andauernden Diskussionen um die ausufernde Dauerbelastung im Profitennis, „aber wir spielen hier für unser Land, das ist eine große Ehre. Wir haben noch Energie für die Woche!“

In Bologna treten in dieser Woche die besten acht Herrenteams der Saison 2025 zur Endrunde des prestigeträchtigen Teamwettbewerbs an. In der rund 11.000 Zuschauer fassenden Unipol Arena versucht Italien, zum dritten Mal in Serie, aber zum ersten Mal seit Einführung des neuen Spielformats 2019 in der Heimat, den Titel zu holen. Allerdings müssen die Gastgeber im Viertelfinale am Mittwoch gegen Österreich ohne ihre beiden Topspieler Jannik Sinner und Lorenzo Musetti auskommen. Der Weltranglistenzweite Sinner (24), am Sonntagabend bei den ATP-Finals in Turin strahlender Sieger, hatte seine Teilnahme schon frühzeitig abgesagt und damit für reichlich Verdruss gesorgt. Musetti (23/Nr. 8 der Weltrangliste) fehlt verletzt.

Viertelfinale live und kostenfrei bei tennis.de im Stream

Deutschland dagegen kann am Donnerstag (17 Uhr) zu seinem Viertelfinalduell mit Argentinien, das in Kooperation mit dem Tennis Channel live und kostenfrei auf tennis.de, der Website des Deutschen Tennis-Bundes, gestreamt wird, in Bestbesetzung antreten. Ob auch in Bestform, ist allerdings fraglich, denn der Weltranglistendritte Alexander Zverev (28/Hamburg) kämpft seit Monaten mehr mit dem eigenen Körper als gegen seine Kontrahenten. Nach seinem Vorrundenaus in Turin sagte er am vergangenen Freitag, er trete im Davis Cup an, „weil meine Mannschaftskameraden mich darum gebeten haben.“ Jan-Lennard Struff wertet diese Aussage als Zeichen für den funktionierenden Teamgeist. „Wir verstehen uns alle sehr gut und freuen uns sehr darauf, in dieser Woche noch einmal alles aus uns herauszuholen“, sagt er.

Die On-Off-Beziehung zwischen Zverev und dem Davis Cup währt seit Jahren. Der Statik im Team tue das jedoch keinerlei Abbruch, hat Jan-Lennard Struff erkannt. „Unsere Mannschaft mit unserem Teamchef Michael Kohlmann und dem Team drumherum ist über die Jahre sehr zusammengewachsen. Wir freuen uns, dass Sascha dabei ist“, sagt er. Und weil das so ist, sieht der Weltranglisten-84. auch Chancen, die Südamerikaner mit ihren starken Einzelspielern Francisco Cerundolo (27/Nr. 21) und Tomas Martin Etcheverry (26/Nr. 60) in zwei Einzeln und einem Doppel, zu dem für Deutschland die bewährte Kombination Kevin Krawietz (33/Coburg)/Tim Pütz (37/Frankfurt am Main) antreten wird, auszuschalten. „Argentinien ist ein dickes Brett, aber wir sind auch gefährlich“, sagt er. Im Halbfinale am Samstag würde der Sieger aus der Partie Spanien gegen Tschechien warten, während Italien oder Österreich am Freitag auf Frankreich oder Belgien treffen, die am Dienstag die Final-8-Endrunde eröffnen.

Bund stärkt Sportförderung im Haushalt 2026

Der Bund plant, die Förderung des Sports weiter auszubauen. In der 15-stündigen Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses haben die Abgeordneten der Koalition den Bundeshaushalt 2026 mit mehreren Änderungen beschlossen. Der Haushalt soll Ende November endgültig im Parlament verabschiedet werden. Nach Informationen aus dem Haushaltsausschuss und dem Bundeskanzleramt profitiert auch der Sport deutlich von den neuen Beschlüssen. 

Für das Bundesprogramm „Sanierung kommunaler Sportstätten“ wird eine weitere Tranche von 333 Millionen Euro als Verpflichtungsermächtigung freigegeben. Damit stehen in den nächsten Jahren insgesamt 666 Millionen Euro für dieses neue Programm zur Sportstättenförderung zur Verfügung. 

Neu hinzu kommt ein Programm zur Sanierung kommunaler Schwimmbäder und -hallen in Höhe von insgesamt 250 Millionen Euro. Beide Programme werden aus dem Sondervermögen finanziert, vom Bundesbauministerium administriert und die zu fördernden Projekten vom Haushaltsausschuss ausgewählt. 

Die Mittel im Kernhaushalt der Staatsministerin für Sport und Ehrenamt steigen gegenüber dem Regierungsentwurf um rund 27 Millionen Euro auf nun insgesamt 387 Millionen Euro an. Dieser Aufwuchs ermöglicht ein neues, über vier Jahre laufendes 20 Millionen Euro-Programm, um die Schwimmfähigkeit von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Die Umsetzung des Programms soll in Kooperation mit den in DSV und DLRG organisierten Schwimmvereinen und Sportbünden erfolgen. Für die Freigabe der Mittel durch den Haushaltausschuss ist noch ein Umsetzungskonzept des Bundeskanzleramtes erforderlich. 

Im Sporthaushalt sinken die Mittel der Nicht-Olympischen Verbände um 140.000 Euro bei einem gleichzeitigen identischen Aufwuchs der institutionellen Förderung von Athleten Deutschland. 

Vom Sondervermögen soll nun aber nicht nur der Breiten, sondern auch der Leistungssport profitieren: Für Investitionen in Sportstätten des Spitzensports sollen in den nächsten Jahren insgesamt 150 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt werden - beginnend mit drei Millionen Euro in 2026. Über die genaue Verwendung und die Verteilung der Mittel über die nächsten Jahre liegen allerdings noch keine Details vor. 

Übersicht der Änderungen für den Sport im Bundeshaushalt 2026 

Nächster Mitgliederrekord im deutschen Sport

Deutschlands Sportvereine zählen mehr Mitgliedschaften als jemals zuvor seit Beginn der Bestandserhebung 1954. Das geht aus der neuesten Statistik des DOSB hervor (Stichtag: 1. Januar 2025).

So können die rund 86.000 Sportvereine im Land derzeit rund 29,3 Millionen Mitgliedschaften aufweisen. Das sind mehr als eine halbe Million Mitgliedschaften (+2,18 %) mehr als im Vorjahr. Damit bleibt der organisierte Sport unter dem Dach des DOSB die größte Bürgerbewegung des Landes und bricht zugleich seinen eigenen, gerade erst aufgestellten Mitgliederrekord aus dem vergangenen Jahr.

DOSB-Präsident Thomas Weikert: „Dieser erneute Rekord ist ein echter Aufschwung für den Sport und für unsere ganze Gesellschaft. Sport im Verein steigert die Gesundheit, steht für Respekt und Fairplay und sorgt für echten gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dass Sportvereine so beliebt sind wie nie, ist eine gute Botschaft für unser Land. Wenn wir, und damit meine ich ausdrücklich auch die Politik, mehr in den Sport investieren würden, könnten wir das Potenzial der Vereine für unsere Gesellschaft noch viel besser nutzen.“

„In Summe ist das Ganze eine echte Katastrophe für uns“

Gefreut hat er sich schon, als er die Zahlen der neuen DOSB-Bestandserhebung gehört hat. „Es ist schön, dass immer mehr Menschen aktiv in Vereinen Sport treiben wollen. Dafür machen meine vielen Tausend Kolleginnen und Kollegen und ich ja unsere Arbeit“, sagt Sven Schlüter. Ungetrübt jedoch ist die Freude des 51-Jährigen, der als 1. Vorsitzender des Fußballclubs Fortuna Schlangen aus dem Landkreis Lippe in Nordrhein-Westfalen für knapp 500 Mitglieder verantwortlich ist, nicht. Schließlich weiß er, dass er seinen Aktiven seit elf Monaten nicht das bieten kann, was er als „das Herzstück unseres Vereinslebens“ bezeichnet. Was er nicht weiß: Wann sich die Lage bessert. Und das zehrt nicht nur an ihm, sondern auch an vielen anderen Fortunen.

Im Januar dieses Jahres war im Vereinsheim, das Clubmitglieder vor 20 Jahren in Eigenregie aufgebaut hatten, ein kapitaler Wasserschaden entdeckt worden. Ein Gutachter, der der Versicherung das Ausmaß des Schadens bestätigen sollte, war erst Anfang März verfügbar. Dann machte dieser nur ein paar Fotos, das finale Gutachten wurde im August fertig. Es folgte das übliche Ausschreibungsverfahren, aktuell läuft die Auftragsvergabe. Wann mit den Sanierungsarbeiten begonnen wird und - noch wichtiger - wann das Clubhaus wieder den Betrieb aufnehmen kann? Unklar. „Wir versuchen uns mit Buden zu behelfen, aber das ist nicht dasselbe wie ein gemütliches Vereinsheim. Der lange Ausfall hat erheblichen Einfluss auf das gesellige Beisammensein, uns ist ein wirtschaftlicher Schaden von mindestens 10.000 Euro entstanden, der einem kleinen Verein wie unserem sehr weh tut“, sagt Sven Schlüter.

Was dazukommt: Auch die Umkleidekabinen benötigen eine dringende Auffrischung. Im Haushalt der Gemeinde für das Jahr 2025 waren die entsprechenden Mittel eingestellt, aber diese mussten wegen des fehlenden Gutachtens und der daraus entstehenden finanziellen Unsicherheit zurückgehalten werden. Also funktionieren seit Monaten nur zwei der je sechs Duschen und auch nur mit kaltem Wasser, was, so Schlüter, „im Winterhalbjahr ein unhaltbarer Zustand ist.“ Der Gemeinde als Eigentümerin der Vereinsanlage macht er dabei keine Vorwürfe, „man hat uns nach dem Entdecken des Wasserschadens mit Trocknungsmaschinen und beim Herausräumen des Mobiliars unterstützt, und zumindest sind ja jetzt Planer mit der Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen beauftragt. Aber dass man einen Sportverein so lange mit einem Gutachten hängen lässt und ihn damit in noch größere Nöte bringt, dafür habe ich kein Verständnis“, sagt der Vorsitzende.

Anna-Laethisia Schimek: Zwei Karrieren für das „zweite Leben"

Einige der Narben, die den Tag markieren, an dem sich ihr Leben in das Davor und das Danach teilt, sieht man nicht. Sie trägt sie in sich, auf der Brustaorta und der Lunge. Aber all das, was sie bewirkt haben, wird Anna-Laethisia Schimek mit sich und nach außen tragen, ihr Leben lang. Gerade in Zeiten wie den vergangenen Wochen, in denen es das Schicksal wieder einmal nicht so richtig gut meint mit der 32-Jährigen, hilft ihr die Beschäftigung mit der Vergangenheit. „Ich kann dann trotz Enttäuschung wertschätzen, dass ich überhaupt in der Lage bin, meine Ziele im Leistungssport zu verfolgen, denn das hätte auch ganz anders ausgehen können“, sagt sie.

Es war der 26. Oktober 2018, an dem die Team-Deutschland-Athletin auf dem schmalen Grat zwischen Leben und Tod wanderte. Nach einer komplizierten Operation am Schlüsselbein, die zunächst einen Lungenkollaps nach sich gezogen hatte, erholte sich die beste deutsche Speedskaterin in ihrer Heimat Groß-Umstadt im Odenwald, als sich ihr Zustand zusehends verschlechterte. „Ich konnte die Symptome nicht deuten. Mir war richtig kalt, trotzdem habe ich geschwitzt wie noch nie und hatte zudem Halsschmerzen“, erinnert sie sich. Das Gefühl, bewusstlos zu werden, verstärkte sich, so dass sie ihren Bruder, der glücklicherweise im Haus war, darum bat, einen Rettungswagen zu rufen. 

Den herbeigeeilten Sanitätern gelang es nicht, den Kreislauf zu stabilisieren, weil sich kaum noch Blut in Armen und Beinen befand. Den Grund dafür entdeckten die Ärzte erst im Frankfurter Uniklinikum, in das Anna-Laethisia Schimek per Helikopter eingeliefert wurde: Ein Operationsdraht hatte sich aus der Schulter gelöst, war durch die Brustaorta gewandert, hatte diese und die Lunge perforiert. Das austretende Blut war in den Herzbeutel gelaufen und hatte den Herzmuskel derart komprimiert, dass dieser unter der Last seinen Dienst versagte. In einer Notoperation konnten die Perforationen geschlossen und das Herz-Kreislauf-System reanimiert werden.

In der Reha musste sie wieder Stehen und Laufen lernen

Nach einwöchigem Krankenhausaufenthalt und einer einmonatigen Reha, in der sich die Hessin mühsam das normale Atmen, Stehen und Laufen wieder aneignete, durfte sie sich im Frühjahr 2019 langsam an Belastung herantasten. Acht Monate nach dem schweren Unfall startete sie bei der Speedskating-EM in Pamplona (Spanien) und gewann im 500-Meter-Sprint sogar die Bronzemedaille. „Wie ich das geschafft habe, weiß ich bis heute nicht. Ich hatte einfach eine so große Lust und Zuversicht, dass ich mich durch nichts habe stoppen lassen“, sagt sie rückblickend.

Der Körper schien also geheilt, die Psyche jedoch konnte mit der Sprintgeschwindigkeit nicht mithalten. „Ich fühlte mich komplett von meinem Körper entfremdet und hatte kein Vertrauen mehr. Es kam mir vor, als hätte er mich im Stich gelassen“, sagt Anna-Laethisia Schimek. Vor dem schlimmen Rückschlag hatte sie sich stets eingeredet, dass Erschöpfung nichts sei, was in ihrem Kosmos Platz finden solle. „Ich war erbarmungslos mit meinem Körper und nur darauf fixiert, bestmögliche Leistung zu bringen und meine Grenzen immer weiter zu verschieben. Mein Selbstwertgefühl hing an Medaillen. Deshalb habe ich nach dem Unglück auch erst verstehen lernen müssen, warum ich so viel Liebe bekomme, obwohl ich nicht in der Lage war, etwas dafür zu leisten“, sagt sie.

Die Angst vor dem Alleinsein beschäftigte sie mehrere Monate

Wer heute mit Anna-Laethisia Schimek spricht, kann sich nur schwer diese verbissene, auf das gnadenlose Trimmen des eigenen Körpers ausgerichtete Athletin vorstellen, die sie gewesen zu sein meint. Im rund 75 Minuten langen Gespräch lacht sie so häufig ausgelassen wie die meisten Menschen binnen einer Woche nicht. Zu erleben ist eine Frau, die mit ihrem Leben im Reinen scheint. Der Weg dahin jedoch sei ein harter gewesen, sagt sie. „Nach der Operation am Brustbein und am Herzen bildeten sich starke Ängste aus. Natürlich vor allem davor, dass das wieder passieren und dann niemand da sein könnte, um mir zu helfen.“ Allein in einem Zimmer zu sein oder in der Abgeschiedenheit spazieren zu gehen, fiel ihr lange Zeit schwer. „Ich bin immer mit dem Handy in der Hand eingeschlafen. Der Akku meines Telefons war immer geladen, um in der Lage zu sein, einen Notruf abzusetzen.“

Zwar versuchte ihr Partner Constantin, selbst ambitionierter Mountainbiker, mit offenem Ohr und starken Armen Unterstützung zu geben. „Wir sind in dieser Zeit unglaublich zusammengewachsen, er hatte es sehr schwer mit mir und war dennoch absolut geduldig. Aber in den Nächten, in denen ich in der Reha im Einzelzimmer lag, konnte auch er nicht bei mir sein und helfen.“ Dennoch habe sie die Reha als „Crashkurs in Angstbewältigung“ wahrgenommen. „Es ist ein Lernprozess, wenn man zum Alleinsein gezwungen wird“, sagt sie.

Deutschlands Topteam hofft auf Krönung einer herausragenden Saison

Pünktlich zum Start der Gruppenspiele am kommenden Wochenende wird der Sommer Einzug halten in Adelaide. Das ist schön für die je 48 Frauen- und Männerteams, die sich bei der Beachvolleyball-WM im Bundesstaat South Australia über Temperaturen um die 25 Grad Celsius freuen dürfen, während sie um die Medaillen kämpfen. Allerdings - das machten Svenja Müller und Cinja Tillmann im Gespräch am Olympiastützpunkt im herbstlich-kalten Hamburg schnell deutlich - sind sie am vergangenen Freitag nicht ans andere Ende der Welt geflogen, um die Sonne zu genießen. „Die WM ist der Saisonhöhepunkt, da wollen wir natürlich unsere beste Leistung abrufen“, sagen die beiden Wahl-Hamburgerinnen.

Dass das gelingen kann, bewiesen Deutschlands beste Abwehrspielerin Tillmann und die zu einer durchschlagskräftigen Angreiferin gereifte Müller, mit 24 zehn Jahre jünger als ihre Teampartnerin, beim Eliteserienturnier in Kapstadt Ende Oktober. Nur einen Satz gaben sie in insgesamt sechs Spielen ab, das hochklassige Finale gewannen sie gegen die Niederländerinnen Katja Stam/Raisa Schoon mit 2:0 (21:17, 25:23). Von einer gelungenen WM-Generalprobe wollte Cinja Tillmann im Nachgang allerdings nicht sprechen. „Ich empfinde es als abwertend, wenn ein Turnier der höchsten Kategorie als Generalprobe bezeichnet wird. Um dort zu gewinnen, muss man sich gegen die Besten durchsetzen. Dass uns das gelungen ist, bewerten wir sportlich sehr hoch“, sagt sie.

Wer anfängt zu denken, ist schnell aus dem Spielfluss heraus

Die in Senden (NRW) geborene Ausnahmekönnerin, die für Eintracht Spontent aus Düsseldorf aufschlägt, war schon immer eine Athletin, die auf die Zwischentöne achtet. Sie wägt ihre Worte stets mit Vorsicht, deshalb verwundert es wenig, dass Deutschlands bestes Duo auch vor der Weltmeisterschaft nicht als Lautsprecher der Nation auffällt. „Wir fahren nie mit der klaren Zielsetzung Goldmedaille zu einem Turnier, dafür ist die Leistungsdichte in der Weltspitze viel zu hoch. Es gibt auch vor dieser WM keine Favoritinnen, es kommt auf Nuancen an, um ganz oben auf dem Podest zu stehen“, sagt Cinja Tillmann.

Svenja Müller, geboren in Dortmund und für den Hamburger Club Eimsbütteler TV spielberechtigt, war zu Beginn ihrer Zusammenarbeit mit Cinja Tillmann vor vier Jahren eine sehr schüchterne Person, die lieber andere antworten ließ, wenn sie gefragt wurde. Das hat sich zwar längst geändert, was aber nicht bedeutet, dass sie ihrer erfahreneren Kollegin in deren Einschätzung widersprechen würde. „Wir fahren gut damit, dass wir uns kleine Ziele setzen, dass wir Punkt für Punkt spielen und niemals schon an den weiteren Weg denken“, sagt sie.

„Wenn wir an der Startlinie stehen, dürfen wir keine Existenzängste haben“

Als am vergangenen Sonntagmittag im DFB-Campus in Frankfurt am Main die Athlet*innenvollversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) ihre Vertretung wählte, war Pia Greiten nur digital zugeschaltet. Weil die 28-Jährige vom Osnabrücker Ruder-Verein aktuell in Warendorf einen Bundeswehrlehrgang absolviert, war ihr die Teilnahme vor Ort nicht möglich. Die Vorsitzendenwahl musste deshalb am Montagnachmittag ebenfalls digital abgehalten werden. Aber nachdem Pia Greiten, die bei den Olympischen Spielen in Paris Bronze mit dem Doppelvierer gewann und in dieser Saison als einziges Mitglied des Paris-Quartetts im Skull-Paradeboot verblieben war, vom neunköpfigen Gremium als Nachfolgerin von Beachvolleyball-Ass Karla Borger (36/Stuttgart) bestätigt wurde, stand sie dem DOSB in ihrem ersten Interview in neuer Funktion Rede und Antwort.

DOSB: Pia, du hast interessante Tage hinter dir. Am Samstag bist du zur neuen Präsidentin von Athleten Deutschland gewählt worden, seit Montag bist du nun auch Vorsitzende der DOSB-Athlet*innenkommission. War das dein Ziel, und kannst du schon einschätzen, was da auf dich zukommt?

Pia Greiten: Ich bin mit der Zielsetzung in das Wochenende gegangen, mein Engagement für die Athlet*innen auszubauen. Dass ich nun beiden Gremien vorsitze, freut mich natürlich, aber ich interpretiere meine Aufgabe nicht als Einzelkämpferin. Wir sind ein starkes Team, das verschiedene wichtige Perspektiven und große Expertise einbringt. Mir ist schon klar, dass die kommenden Monate und Jahre - in beiden Gremien bin ich für vier Jahre gewählt - intensiv, spannend und arbeitsreich werden. Mit den Themenfeldern, die nun auf mich zukommen, habe ich mich schon im Vorhinein beschäftigt. Ich bin gut vorbereitet.

Woher rühren dein Faible für Engagement für andere Menschen und das Interesse für sportpolitische Themen?

Angefangen hat das in der Jugend, als ich persönliche Erfahrungen zum Thema frauenspezifisches Training gesammelt habe, die sich auf meine Gesundheit ausgewirkt haben. Damals wurde mir bewusst, wie wichtig es ist, sich für die Allgemeinheit einzusetzen. Ich habe nach Möglichkeiten gesucht, Dinge aktiv zu verändern. Was sportpolitische Themen angeht, möchte ich mir die für die neuen Ämter notwendige Tiefe in den kommenden Wochen mithilfe der Kommission und Athleten Deutschland erarbeiten. Aber dadurch, dass ich in den vergangenen Jahren schon als Mitglied des Vereins aktiv war und beispielsweise zum Thema Gleichstellung auch vor dem Sportausschuss des Bundestags sprechen durfte, habe ich mich mit Sportpolitik durchaus regelmäßig beschäftigt. Der Antrieb dahinter ist, dass ich sehe, dass Veränderungen notwendig sind, und ich dabei mithelfen möchte, diese zu erreichen.

Als oberste Lobbyistin für die Athlet*innen im deutschen Sportsystem: Welche Veränderungen sind besonders dringend notwendig?

Wir müssen ein System schaffen, das für die Athlet*innen gemacht ist, in dem es Mitspracherecht und Gestaltungsmöglichkeiten auf allen wichtigen Themenfeldern gibt. Finanzielle und materielle Absicherung ist dabei genauso ein Anliegen wie Schutz vor sexueller oder psychischer Gewalt. Unser Fokus muss darauf liegen, die Stimmen der Athlet*innen zu bündeln, um immer wieder deutlich zu machen, was wir brauchen.

Wenn du sagst, dass ein solches System geschaffen werden muss, bedeutet das, dass der Status Quo dich nicht zufriedenstellt. Was sind deine wichtigsten Kritikpunkte am bestehenden System?

Noch immer leiden Athlet*innen aus dem olympischen, nicht-olympischen, para- und deaflympischen Bereich zu häufig unter Existenzsorgen, weil sie nicht ausreichend finanzielle Mittel haben, um sich auf ihren Sport konzentrieren zu können. Das trägt nicht dazu bei, die optimale Leistungsfähigkeit abrufen zu können. Nur wenn Sicherheit da ist, ist Topleistung möglich. Im Bereich Safe Sport sind, nicht zuletzt durch die Implementierung des Safe Sport Codes im DOSB Ende vergangenen Jahres, wichtige Schritte gegangen worden. Aber auch hier braucht es noch deutlich mehr Verbindlichkeit, damit Verbände und Vereine sich dazu verpflichten, ein sicheres Umfeld für ihre Mitglieder zu schaffen. Freiwilligkeit reicht da nicht aus. Hier denke ich auch an ein starkes Zentrum für Safe Sport, das im Frühjahr kommen soll.

Eine Frage, die seit Jahren diskutiert wird, ist die, welchen Leistungssport wir in Deutschland wollen. In seinem Entwurf für ein neues Sportfördergesetz fokussiert sich das Bundeskanzleramt stark auf messbare Leistung in Form von Medaillen, während Athleten Deutschland und der DOSB auch weiche Faktoren wie mentale Gesundheit und die gesamtgesellschaftliche Bedeutung von Sport einbeziehen möchten. Wo stehst du in dieser Debatte?

Der Wert des Sports lässt sich definitiv nicht nur an Medaillen ablesen. Ich finde, wir müssen deutlich stärker herausarbeiten, welche Bedeutung er für die Gesellschaft hat, Stichwort Vorbildcharakter. Ich bin überzeugt davon, dass sich zum Beispiel mentale Gesundheit und Leistungsbereitschaft nicht voneinander abgrenzen lassen, sondern gemeinsam gedacht werden müssen. Nur wenn es uns Athlet*innen ganzheitlich gut geht, werden wir die beste Leistung bringen können. Die Frage, wie wir mit Leistungsdruck umgehen, ist zum Glück in den Vordergrund gerückt. Aber da gibt es noch vieles zu optimieren.

„Ohne funktionstüchtige Sportanlagen ist alles nichts“

DOSB: Benjamin, Sportstätten sind für Vereine unverzichtbar. Was macht einen guten Sportplatz, Schwimmbad oder Halle für die Mitglieder aus? 

Dr. Benjamin Haar: Eine Sportanlage ist für Mitglieder dann gut, wenn sie möglichst immer zu den eigenen Trainingszeiten genutzt werden kann und in einem ordentlichen Zustand ist. D.h. die Sportflächen weisen keine Schäden auf und die Sanitäranlagen sind sauber und funktionstüchtig. Die meisten Vereinssportler haben da keine besonderen Ansprüche. 

Wie erleben Vereine den aktuellen Zustand der Sportstätten? Wie wichtig sind ökologische Modernisierung, Klimaanpassung und Barrierefreiheit aus Sicht eines Sportvereins und welche Herausforderungen entstehen dadurch? 

Viele Sportanlagen sind nun fast 50 Jahre alt. Mit kleineren Sanierungsmaßnahmen konnte bisher ein ordentlicher Zustand einigermaßen erhalten werden. Durch notwendige energetische Sanierungsmaßnahmen als Beitrag zum Klimaschutz oder Anpassungsmaßnahmen wie z.B. ein zusätzlicher Hitzeschutz entsteht aktuell ein sehr großer Handlungsbedarf, den viele Vereine wirtschaftlich nicht stemmen können. Dazu kommt, dass die formellen Anforderungen wie baurechtliche Auflagen usw. stark zugenommen haben. Vor allem Vereinsverantwortliche im Ehrenamt sind da schnell überfordert. 

Wie sieht die Situation in Feuerbach aus? Kannst Du uns ein aktuelles Beispiel der Sportvereinigung nennen? 

Unsere vereinseigenen Gebäude sind 30, 40 und 50 Jahre alt. Also eigentlich alle über ihrer Lebenszeit. Besonders in der vereinseigenen Dreifeldhalle aus den Siebzigern hat sich eine immenser Sanierungsstau aufgebaut, der einer Investition in Millionenhöhe bedarf. Das ist für uns eine besondere Herausforderung, wenn man zeitgleich auch noch durch eine wachsende Nachfrage an anderer Stelle Neues schaffen muss. Wir sind hierbei auf öffentliche Förderung angewiesen. Ohne dies bräuchten wir eine gänzlich andere Beitragsstruktur.